Montag, 17. Januar 2011

Die Macht der Literatur

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Man mag es glauben oder auch nicht, aber von manchem Druckwerk straht eine unglaubliche Macht aus, deren man sich kaum entziehen kann, und die bis in das reale Alltagsleben hinein unerwartete Wirkungen zeigt.
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Ich habe das unlängst in einem Selbstversuch getestet, und zwar anhand der Geschichte "Nos" von Nikolai Gogol aus dem Jahr 1836. Im Nachheinein betrachtet muss ich noch froh sein, dass ich nicht zu Kafka's "Die Verwandlung" gegriffen habe, das hätte mitunter zu nachhaltigeren Folgen für das nähere Umfeld führen können ;-).
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Ich schildere zunächst die Versuchsanordnung:
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Ich las also in dem Büchlein it1513 aus den Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen die darin enthaltenen vier Erzählungen, neben den "Aufzeichnungen" noch den "Newski Prospekt", "Die Nase" (Nos) und "Der Mantel". Dies teilweise nebenher, Nos aber am Wochenende, also doch mit höherer Aufmerksamkeit.
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Kurz gesagt geht es in der Geschichte darum, dass plötzlich die Nase aus dem Gesicht des Petersburger Kollegienassessors Kowaljow spur- und narbenlos verschwindet. Nach einigen Tagen tauch sie dann plötzlich am Ort des Verschwindens wieder auf, nämlich im Gesicht des Kollegienassessors.
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Bemerkenswert ist schon allein, dass die Nase zunächst der Barbier Iwan Jakowlewitsch in einem Brot findet, dass ihm eben seine Frau gebacken und zum Frühstück vorgesetzt hat. Unverzüglich erntet er ihren Spott und Vorwürfe, wem er wohl im üblichen, betrunkenen Zustand die Nase abgesäbelt habe. Er ist sofort schuldbewußt und kommt gar nicht auf die Idee zu hinterfragen, wie denn wohl die Nase (die ihm im Übrigen bekannt vorkommt) in das Brot käme, welches seine bösartige Frau eben gebacken.
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Jedenfalls versucht er unmittelbar die Nase los zu werden, und taucht sie des Weiteren an verschiedenen Stellen in Petersburg hie und da wieder auf.
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Das Resultat:
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Nachdem ich die Lektüre beendet habe, denke ich noch nicht weiter darüber nach, frühstücke (es war wohl gegen Mittag geworden), und schlendere schön langsam in's Badezimmer zur Morgentoilette.
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Beim ersten Blick in den Spiegel fällt mir sofort etwas auf, was ich so vorher noch nie gesehen hatte, und was wohl darauf schließen lässt, dass die Erzählung zu einer Bewusstseinserweiterung ungekannten Ausmaßes geführt hat: da war nämlich eine Nase, mitten in meinem Gesicht! Ich habe das Organ mit zwei Fingerspitzen angepackt, und versuchsweise daran herumgezerrt, um nur ja ganz sicher sein zu können, dass er mir nicht wie dem armen Kollegienassessor ergehen könnte.
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Das nenne ich wahre Macht!
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Übrigens: auch das ist eine Nase!
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Montag, 3. Januar 2011

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