Montag, 3. August 2009

Schopenhauer & Ljudmila

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Mir ist heute folgendes aufgefallen: Schopenhauer kennt (fast) jeder, Lyudmila aber kaum jemand.

Das liegt daran, dass Mila meine Haushälterin ist, die einmal die Woche dafür sorgt, dass mein Singlehaushalt nicht wie ein solcher aussieht, alles gewaschen und gebügelt und feinsäuberlich geordnet und aufgeräumt ist.

An dieser Stelle ist mir noch etwas aufgefallen: jeden Freitag oder Montag Morgen, also kurz bevor Mila ihres Amtes waltet, überkommt mich selbst die Ordnungsliebe, ich spüle alles Geschirr der letzten Woche ab, räume auf, putze meine Schuhe, trage den Müll raus, und sortiere im Kühlschrank alles aus, was dort Eigenleben zu entwickeln beginnt.

Wie passen diese Feststellungen zusammen? Ganz einfach: Mila ist nicht nur meine Haushälterin, sondern auch eine Respektsperson, welcher zu beweisen wäre, dass sie für einen aufrichtigen, braven Kerl schwarz arbeitet, und nicht für einen hergelaufenen Schlendrian. Auf den Punkt gebracht ließe sich auch sagen, dass obiger Nachweis erbracht wäre, sobald die Putze völlig umsonst angestellt ist, weil man kurz vor Ihrem Erscheinen ja schon jegliche Hausarbeit selbst erledigt hat. Freilich ist schwerlich zu beantworten, was dieser Fimmel bei der armen Mila selbst auslöst. Da stünden einmal (nebst anderen) zur Auswahl:

"Mein Chef ist ein Trottel: Er zahlt mir jede Woche für nichts ein schönes Gehalt, und macht dann die ganze Arbeit doch selbst. Hoffentlich hält dieser Zustand hellen Wahnsinns noch lange an."

"Mein Chef hält mich für armselig und unfähig: Obwohl ich mich jede Woche um alles und jedes zu kümmern bereit bin, macht er doch vorher alles selber. Er denkt, ich würde das nicht halb so gut hinkriegen. Ich bin tief gekränkt und werde dem Schuft bald alles hinschmeißen."

"Mein Chef ist ein wahrlich ordentlicher Bursche: Kein Krümelchen liegt herum, die Schuhe sind stets geputzt, das Geschirr abgewaschen. Wenn ich da ein meinen Ljubomir zuhause denke, befällt mich gleich der blanke Zorn."

Menüvorschlag für heute: Vareniki mit Pilzfüllung (geht schnell, schmeckt gut)

Vareniki ist ein Ukrainisches Nationalgericht: Teigtaschen mit verschiedenen Füllungen, vergleichbar etwa den Italienischen Tortellini, nur besser. Diese Speise wurde schon im Roman "12 Stühle" von Ilja Ilf und Jevgeniy Petrow an entscheidender Stelle erwähnt, als eine der Romanfiguren seine Gattin bittet, ihm keine Vareniki ins Gefängnis zu bringen, weil diese in kaltem Zustand scheußlich schmecken würden (auch zu empfehlen; das Buch meine ich;).

Zubereitung ist einfach: man nehme aus dem Tiefkühlfach die zuvor im Supermarkt gekaufte Tüte Fertig-Vareniki mit Pilzfüllung, werfe deren Inhalt für 10 Minuten in einen Topf mit kochendem Wasser (leicht gesalzen, etwas Öl beigeben). Dann abseihen - und fertig. Ein wahrer Genuss wird es, wenn man daneben in etwas Butter Zwiebelringe goldbraun Röstet, und beides, also Butter und Zwiebeln, über die fertigen Vareniki drapiert. Schmeckt echt krass.

Dazu eine Flasche Slavutich Bier aus der Flasche: einfach unschlagbar!

Und damit sind wir wieder bei Schopenhauer angelangt. Der war nämlich der Ansicht, die bei näherer Betrachtung gar nicht so weit hergeholt erscheint, dass das Dasein ein zweifelhaftes Vergnügen, oder besser gesagt eine einzige Qual sei. Das erkennt man aus seinem gesamten Werk, und erahnt man aus kleinsten Zitaten, wie zum Beispiel:

"Das Leben stellt sich dar als ein fortgesetzter Betrug, im Kleinen, wie im Großen."

oder

"Dass Tage unseres Lebens glücklich waren, merken wir erst, nachdem sie unglücklichen Platz gemacht haben."

Wenn man Arthur S.´s Überlegungen nur ansatzweise ernst nehmen würde, bliebe als eine der wenigen Möglichkeiten über die Runden zu kommen, zum Asketen zu werden.

Daraus folgt, dass jeglichem sinnlichen Genuss, wie etwa auch in stundenlanger, liebe- und mühevoller Arbeit zubereitete Gaumenfreuden, zu entsagen wäre. Demnach kann man auch gleich Vareniki aus der Tiefkühlabteilung zu Tische tragen.

Da ist dann nix dran herumzumäkeln, oder?

Sepp

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